Interview mit Marie-Irène Richmond-Ahoua, Polio-Champion

Lernen Sie Marie-Irène Richmond-Ahoua kennen. Sie ist eine internationale Kommunikationsberaterin und Mitglied des Rotary Clubs Abidjan-Bietry in der Elfenbeinküste. Sie engagierte sich in diversen Führungsämtern bei Rotary, hat zahlreiche Impfkampagnen vor Ort geleitet und hat die Friedensoperation der Vereinten Nationen in ihrem Land bei der Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Wir stellten ihr einige Fragen, bevor sie am 25. Juni 2018 auf der Rotary International Convention in Toronto, Kanada an der Frauen-Podiumsdiskussion zur Polio-Eradikation teilnahm.

Erzählen Sie uns, wie Sie zum Engagement für die Ausrottung der Kinderlähmung gekommen sind.
In der Elfenbeinküste begann Rotary erst 1987 mit der Impfung gegen fünf Kinderkrankheiten einschließlich Polio im Rahmen einer nationalen Kampagne des Gesundheitsministeriums. Rotarier haben hier eine aktive Rolle gespielt und die ivorische Regierung unterstützt, indem sie Mittel für die Kühlkettenausrüstung zur Verfügung stellten, Treibstoff für den Transport von Impfstoffen kauften und bereitstellten, Personal ausbildeten und Impfärzte rekrutierten. Zu dieser Zeit war ich Mitglied des Rotaract Clubs von Abidjan und ich war begeistert, an dieser Kampagne teilnehmen zu können.

Was hat Sie so von dem Ziel, die Kinderlähmung auszurotten, überzeugt? 
Ich sah damals in meinem Land Kinder auf allen Vieren kriechen, unfähig zu laufen. Ich fragte mich dann: "Wie würden sich diese Kinder - die Zukunft Afrikas - entwickeln, wenn sie nicht laufen könnten?" Ich war überzeugt, dass wir schnell handeln mussten. Zu dieser Zeit wusste ich nicht wirklich, wie wir das machen sollten, aber mir war klar, dass es wichtig war, das Leben der Kinder zu verändern, und ich war fasziniert von der Aktion, die Rotary in meinem Land durchführte. Anderen zu helfen und mich zu engagieren, gibt mir ein Gefühl unschätzbarer moralischer Erfüllung.

Sie waren eine der ersten weiblichen rotarischen Führungskräfte, die sich für die Polio-Ausrottung in Afrika einsetzten. Erzählen Sie uns von Ihren Erfahrungen bei der Zusammenarbeit mit anderen Frauen in diesem Bereich.
Lange Zeit galten Frauen als bloße Empfänger von Leistungen. Zunehmend wird die aktive Rolle der Frauen jedoch anerkannt, wenn auch nicht sehr deutlich. Sie bleiben eine ungenutzte Ressource und spielen dennoch eine entscheidende Rolle. Frauen sind diejenigen, die ihre Kinder die meiste Zeit betreuen und sie zu Impfärzten bringen. Sie sind auch diejenigen, die sich während einer Impfung vor Freiwilligen verstecken oder davonlaufen. Deshalb müssen wir die Frauen während der nationalen Impftage voll in die soziale Mobilisierung einbeziehen. Wir arbeiten mit Frauengruppen, NGOs, die sich für Frauengesundheit einsetzen, mit Hebammenverbänden und sogar mit Frauen, die als Lebensmittelverkäufer auf dem Markt arbeiten. Sie sind sich bewusst, dass sie durch die Impfung ihrer Kinder dank Rotary und seinen Partnern eine gesunde Zukunft für sich selbst sichern können.

Was antworten Sie den Menschen, die sagen, die Polio-Ausrottung sei zu teuer oder unmöglich?
Wir glauben wirklich an das, was wir tun. In diesem Kampf gegen Kinderlähmung sind wir eine Armee von Freiwilligen und diese zwei kleinen Tropfen sind unsere Waffe. Alle Bedingungen, um diesen Kampf zu gewinnen, sind praktisch erfüllt: ein wirksamer Impfstoff, eine bewährte Von-Haus-zu-Haus-Strategie, ein gutes Überwachungsniveau, personelle und finanzielle Ressourcen. Nichts ist zu teuer für die Gesundheit unserer Kinder. Wir glauben fest daran, dass Polio die zweite Krankheit sein wird, die nach der Ausrottung der Pocken im Jahr 1980 von diesem Planeten verschwunden sein wird. Wir Afrikaner wissen nur zu gut, dass es andere dringendere Probleme gibt, aber wir sind entschlossen, Polio ein für allemal zu besieg. Denn sollten wir unser Ziel in den nächsten drei Jahren nicht erreichen, droht uns ein noch stärkeres Wiederaufleben der Polio, deren Ausrottung keine Option, sondern eine Verpflichtung ist. Wir waren dem Ziel noch nie so nahe. Das Auftreten von Polio wurde weltweit um 99,9% reduziert. Es scheint wichtig, den Eltern und der Öffentlichkeit zu erklären, dass wir uns, um eine Analogie aus dem Sport zu verwenden, im Endspurt befinden, der immer der schwierigste Teil des Rennens ist.

Und die Herausforderungen?
Wir sehen uns einer Finanzierungslücke, der Unerreichbarkeit einiger Kinder in abgelegenen Gebieten, fehlendem politischen Willen, Bürgerkriegen und anderen Herausforderungen gegenüber. Daher ist es dringend notwendig, dass wir neue Anstrengungen unternehmen und die Truppen erneut mobilisieren, um diese Herausforderungen anzugehen. In endemischen Ländern besteht die Priorität darin, alle Kinder unabhängig von ihrem Wohnort und ihrem vorherigen Impfstatus zu erreichen und zu impfen. Eine Welt ohne Polio, unser langjähriger Traum, steht kurz vor der Verwirklichung.

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Dr. Hamid Jafari, Direktor für Polioeradikation für die WHO-Region Östliches Mittelmeer | Mär. 25, 2024