Nützliche „Nebenwirkungen“

Wie die Infrastruktur der Polio-Ausrottungsinitiative im Kampf gegen andere Krankheiten hilft

Als Dr. Jonas Salk 1955 einen Impfstoff gegen die Kinderlähmung (Poliomyelitis) entwickelte, war endlich eine Handhabe gegen die grausame Krankheit gefunden, die vornehmlich Kleinkinder befiel und  sie oft auf Lebenszeit lähmte. Rotary und dessen Partner nahmen mit der Global Polio Eradication Initiative den weltweiten Kampf gegen Polio auf und entwickelten seit 1985 Systeme zur Massenschutzimpfung von Kindern – und zur letztlichen Ausrottung des Poliovirus.

Die zur Bekämpfung von Polio global etablierte Infrastruktur dient aber auch bereits zur Bekämpfung von anderen Krankheiten bzw. und zum Schutz vor denselben. Hier sind fünf Beispiele, wie logistische und strategische Einrichtungen der Polio-Initiative anderen Kampagnen geholfen haben. 

Die Kühlkette 
Der Polio-Impfstoff muss kühl gehalten werden, da er sonst seine Wirksamkeit verliert. Das Kühlkettensystem - bestehend aus Gefrierschränken, Kühlschränken und Kühlboxen - wurde entwickelt, damit Polio-Mitarbeiter den Impfstoff lagern und auch bei extrem heißem Wetter über lange Strecken transportieren können. In Pakistan basiert ein Masernimpfprogramm nun auf dem gleichen System. Mit Hilfe der Kühlkette konnten in der Provinz Sindh kürzlich mehr als 7,3 Millionen Kinder gegen Masern geimpft werden.

Microplanning
Eine wichtige Komponente bei der Impfung von mehr Kindern gegen Polio, insbesondere in abgelegenen Regionen, ist die Mikroplanung. Ein Mikroplan ermöglicht es dem Gesundheitspersonal, prioritäre Gemeinschaften zu identifizieren, potenzielle Hindernisse zu beseitigen und so einen Detailplan für eine erfolgreiche Impfkampagne zu entwickeln. Die Helfer sammeln so viele Details wie möglich über die Gemeinden, um ihnen zu helfen, alle Kinder zu erreichen und zu impfen, und diese Strategie hat dazu beigetragen, Indien fünf Jahre lang poliofrei zu halten. Heute nutzt der indische Bezirk Mewat den Ansatz der Mikroplanung, um auch seine Impfraten gegen Masern und Röteln zu erhöhen.

Monitoring
Das laborgestützte Polioüberwachungssystem hilft, neue Fälle von Polio zu erkennen. Es bestimmt, wo und wie diese Fälle entstanden sind. Die Umweltüberwachung, bei der Abwasser oder andere Umweltproben auf das Vorhandensein von Polioviren getestet werden, hilft den Mitarbeitern, Poliofälle ohne Symptome wie akute schlaffe Lähmung (AFP) zu bestätigen. Im Bundesstaat Borno in Nigeria wird das AFP-Überwachungssystem nun eingesetzt, um Menschen mit Gelbfiebersymptomen zu finden, und es war eine von vielen Taktiken bei einem Gelbfieberausbruch 2018, der zur Impfung von 8 Millionen Menschen führte.
 
Kontaktrückverfolgung
Da es sich bei Polio um eine übertragbare Krankheit handelt, verwenden Mediziner die „Umgebungsuntersuchung“ (contact tracing), um zu erfahren, wer mit (auch potentiell) infizierten Menschen in Kontakt gekommen sein könnte. Diese Kontakterfassung war auch entscheidend für die Eindämmung eines Ebola-Ausbruchs in Nigeria im Jahr 2014. Als bei einem Reisenden aus Liberia Ebola diagnostiziert wurde, konnten nigerianische Beamte die Kontakte des Reisenden schnell aufspüren und isolieren und so eine weitere Verbreitung der Krankheit verhindern.

Notfall-Operationszentren
Ein wichtiger Teil der Polio-Infrastruktur, die Rotary und seine Partner aufgebaut haben, ist das Netzwerk von Leitstellen, die im Notfall aktiviert werden. Diese Zentren bieten einen zentralen Ort, an dem Gesundheitspersonal und Regierungsbeamte zusammenarbeiten und eine schnellere und effektivere Notfallreaktion einleiten können. Das Notfallzentrum in Lagos, Nigeria, das ursprünglich zur Bekämpfung von Polio eingerichtet wurde, wurde an den Umgang mit Ebola angepasst und half dem Land schließlich, schnell auf einen Ebola-Ausbruch zu reagieren. Nur 19 Ebola-Fälle wurden gemeldet, und das Land wurde innerhalb von drei Monaten für Ebola-frei erklärt.

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Dr. Hamid Jafari, Direktor für Polioeradikation für die WHO-Region Östliches Mittelmeer | Mär. 25, 2024